"Völlig neu positioniert"
NEUMARKT. Die Bauwirtschaft ist nach wie vor die Schlüsselbranche im Landkreis, hieß es bei einer Sitzung der SPD-Kreistagsfraktion.
Im Landkreis Neumarkt gebe es ein gravierendes Defizit an sogenannten "wissensbasierten Arbeitsplätzen" und insbesondere bei den hochwertigen Dienstleistungen. Daher - so Bürgermeister Helmut Himmler bei der Sitzung - werde auch in Zukunft die ökonomische Situation des Landkreises und damit der Lebensstandard der Menschen ganz erheblich von einer florierenden Bauwirtschaft abhängen.
Schließlich sei auch nach einem gewaltigen Strukturwandel in der Branche "Neumarkt bundesweit die Nummer 1" hinsichtlich Bedeutung des Bauhaupt- und Ausbaugewerbes.
Peter Prison, Betriebsratsvorsitzender der Firma Klebl und Bezirksverbandsvorsitzender der Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, berichtete als sachverständiger Gast der SPD-Kreisräte über die gravierenden Umstrukturierungen in seinem Unternehmen seit 1995, dem Ende der schuldenfinanzierten Sonderkonjunktur im Nachgang der Deutschen Einheit.
Im Zusammenwirken mit der Belegschaft habe Klebl sich völlig neu positioniert und stehe heute mit den Tätigkeitsschwerpunkten Industriebau uns schlüsselfertiges Bauen sowie rund 1200 Mitarbeitern hervorragend da.
In vertrauensvoller Partnerschaft mit der Geschäftsleitung sei nach dem Wegfall der Schlechtwettergeldregelung bei Klebl und Bögl trotz anfänglich erheblicher Konflikte mit der Gewerkschaft ein Arbeitsstundenkonto praktiziert worden, das nach den guten Erfahrungen in Neumarkt später in den Tarifvertrag übernommen wurde.
Man habe bei Klebl wegen des ruinösen Wettbewerbs im Tiefbau diese Sparte ohne Entlassungen stark reduziert und in den Bereich schlüsselfertiges Bauen integriert. Klebl baue heute schlüsselfertig bundesweit Großprojekte für die Automobilwirtschaft, den Handel, Stadien, Staatsbibliotheken, Gefängnisse und für die US Army habe man in Grafenwöhr das größte amerikanische Einkaufszentrum außerhalb Amerikas erstellt.
Klebt sei mit seinen sechs Beton-Fertigteilwerken ausgelastet und durch die Lage in verschiedenen Regionen der Bundesrepublik könne man jeden Ort mit kurzen Anfahrtswegen schnell, flexibel und relativ kostengünstig erreichen - so habe man sich eine ordentliche Wettbewerbsposition erarbeitet.
Prison erwähnte mit Genugtuung, dass in seinem Unternehmen im Gegensatz zur "üblichen Lohndrückerei" in den letzten Jahren an die Belegschaft Weihnachtsgeld und Prämien gezahlt wurden und auch der Mindestlohn in der Bauwirtschaft breite Akzeptanz finde.
Ein Riesenproblem und eine Ungerechtigkeit - so der Gewerkschafter - sei die Heraufsetzung des Rentenalters auf das 67. Lebensjahr. Diese Regelung sei ein "gewaltiges Rentenkürzungsprogramm", da Bauarbeiter um das 60. Lebensjahr in Rente gehen müssten - schließlich seien sie dann "kaputtgearbeitet". Daher vertrete er mit der Gewerkschaft BAU die klare Auffassung, dass jeder Mitarbeiter bei 45 Beschäftigungsjahren ohne Abschläge in den Ruhestand treten könne.
Zur Ausbildungssituation teilte Prison der SPD-Kreistagsfraktion mit, dass bei Klebl stetig 14 bis 18 Auszubildende eingestellt werden und ein Auszubildender am Bau im dritten Lehrjahr 1300 Euro Vergütung erhalte. Trotzdem sei das Interesse an Jobs am Bau eher mäßig.
Dazu meinte Kreisrat Stefan Grosshauser aus Freystadt, dass wieder mehr Hauptschüler den Weg zu Ausbildungsberufen am Bau suchen und finden; allerdings sei dieser Berufswunsch nach seiner Einschätzung als Hautschullehrer erst die zweite oder dritte Priorität.
06.08.09
neumarktonline: "Völlig neu positioniert"
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